Kein Anspruch auf Löschung negativer Internetbewertung
Der EGMR hat durch Urteil vom 24.11.2015 (AnwBl. 2016, 261, Volltext der Entscheidung AnBl. online 2016, 141) entschieden, dass ein Rechtsanwalt keinen Anspruch auf Löschung eines rufschädigenden Entrags in einem Bewertungsportal hat.
BVerfG: Ablehnung von Beratungshilfe erfordert einzelfallbezogene Begründung
Die nachträgliche Gewährung von Beratungshilfe für die Einlegung und Begründung eines Widerspruchs darf nicht mit dem pauschalen Hinweis darauf abgelehnt werden, dass die antragstellende Person den Widerspruch selbst hätte einlegen können.
Das Bundesverfassungsgericht hat damit einer Verfassungsbeschwerde, die die Versagung von Beratungshilfe für ein sozialrechtliches Widerspruchsverfahren betraf, stattgegeben. Die angegriffenen Beschlüsse hätten den Beschwerdeführer für die Einlegung des Widerspruchs auf die Selbsthilfe verwiesen, ohne konkret zu prüfen, ob ein bemittelter Rechtsuchender die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe für das Widerspruchsverfahren in Betracht ziehen würde, heißt es in der Entscheidung. Außerdem werde der Vortrag des Beschwerdeführers außer Acht gelassen, dass er die anwaltliche Hilfe auch für die Begründung des Widerspruchs beantrage. Die pauschale Wertung, die Einlegung des Widerspruchs durch den Beschwerdeführer selbst wahre seine Verfahrensrechte im Widerspruchsverfahren ebenso effektiv wie die Einlegung des Widerspruchs mittels Anwaltsschreibens, verkenne, dass regelmäßig nicht bereits die bloße Erhebung des Widerspruchs zur begehrten Änderung der angefochtenen Entscheidung führt, sondern erst dessen sorgfältige Begründung (BVerfG, Beschl. v. 7.10.2015 - 1 BvR 1962/11).
EGMR: Verurteilung eines Anwalts wegen Beleidigung unzulässiger Eingriff in sein Recht auf freie Meinungsäußerung
In seinem Urteil vom 23. April 2015 in Sachen Morice ./. France (Nr. 29369/10) hat der EGMR entschieden, dass die Verurteilung eines Anwalts wegen Beleidigung einen unzulässigen Eingriff in sein Recht auf freie Meinungsäußerung darstellt, wenn dieser das Verhalten der Untersuchungsrichter, denen mehrere Prozessfehler unterlaufen waren, in einem Zeitungsartikel als parteiisch bezeichnet.
Im zugrundeliegenden Fall war der Antragsteller, der Anwalt der Witwe eines in Djibouti verstorbenen französischen Richters ist, wegen öffentlicher Beleidigung eines Beamten in Mittäterschaft zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Er hatte die beiden Richter in dem Ermittlungsverfahren zum Tod des französischen Richters in einem Zeitungsartikel deutlich kritisiert und ihr Verhalten als Verstoß gegen die Grundsätze der Unparteilichkeit und der Gerechtigkeit bezeichnet. Über das Rechtsbehelfsverfahren entschied unter anderem ein Richter, der im Vorfeld des Urteils bei einer Veranstaltung der französischen Richter seine Unterstützung für einen der beiden Ermittlungsrichter signalisiert hatte. Hiergegen wandte sich der Antragsteller an den EGMR und machte eine Verletzung seines Rechts auf ein faires Verfahren nach Art. 6 § 1 EMRK und seines Rechts auf freie Meinungsäußerung aus Art. 10 EMRK geltend.
Der EGMR stellte in seinem Urteil sowohl eine Verletzung von Art. 6 § 1 als auch eine Verletzung von Art. 10 EMRK fest. Die Aussage des Richters im Vorfeld des Rechtsbehelfsverfahrens habe dem Antragsteller berechtigterweise Anlass dazu gegeben, die Unparteilichkeit des Richters in Bezug auf die vom erstinstanzlichen Gericht angenommene Beleidigung des Ermittlungsrichters anzuzweifeln. Ferner sei seine Äußerung in dem Zeitungsartikel Gegenstand einer öffentlichen Diskussion über die Funktionsweise der Justiz und müsse damit nicht ausschließlich das Ziel verfolgen, seine Mandantin zu verteidigen. Nichtsdestotrotz wies der EGMR darauf hin, dass Anwälte nicht mit Journalisten gleichgestellt werden können, da sie gerade nicht Außenstehende mit der Aufgabe, die Öffentlichkeit zu informieren, sondern Teil der Rechtsprechung sind. Ferner betonte der EGMR die Notwendigkeit, die Autorität der Rechtsprechung zu wahren und sicherzustellen, dass das Verhältnis der Akteure im Justizsystem von gegenseitiger Rücksichtnahme und Respekt geprägt ist. Weiterführender Link: • Urteil des EGMR (EN) (April 2015).
BFH zur Bagatellgrenze für die Abfärbewirkung von geringfügigen gewerblichen Einkünften
Mit jetzt veröffentlichtem Urteil vom 27.08.2014 hat der BFH die Bagatellgrenze für die Nichtanwendung der Abfärberegelung in § 17 Abs. 3 Nr. 1 EStG bestimmt. Danach werden die
Einkünfte einer GbR, die hauptsächlich Einkünfte aus selbstständiger Arbeit erzielt und daneben in geringem Umfang eine gewerbliche Tätigkeit (hier Insolvenzverwaltung) ausübt, dann nicht insgesamt zu gewerblichen Einkünften umqualifiziert (sog. Abfärbewirkung), wenn die gewerblichen Umsätze einer Bagatellgrenze i. H. v. 3 % der Gesamtnettoumsätze und zusätzlich den Betrag von 24.500 Euro im Veranlagungszeitraum nicht übersteigen.
Mit zwei weiteren Urteilen vom gleichen Tag hat der BFH ebenfalls die Anwendbarkeit der Abfärbewirkung anhand dieser Bagatellgrenze geprüft.
Anwaltspflichten bei ausschließlich elektronischer Aktenführung
ZPO §§ 85 II, 233; BRAO § 50 V
Wird die Handakte eines Rechtsanwalts allein elektronisch geführt, muss sie ihrem Inhalt nach der herkömmlich geführten entsprechen. Sie muss insbesondere zu Rechtsmittelfristen und deren Notierung ebenso wie diese verlässlich Auskunft geben können und darf keine geringere Überprüfungssicherheit bieten als ihr analoges Pendent.
Der Rechtsanwalt, der im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Verfahrenshandlung - hier der Einlegung der Beschwerde - mit einer Sache befasst wird, hat dies zum Anlass zu nehmen, die Fristvermerke in der Handakte elektronisch zu überprüfen. Auf welche Weise (herkömmlich oder elektronisch) die Handakte geführt wird, ist hierfür ohne Belang (BGH, Beschluss vom 9.7.2014 - XII ZB 709/13).
Ein Prozessbevollmächtigter darf wegen der Vielzahl der in einer Großstadt im Regelfall vorhandenen Gerichte und Behörden nicht darauf vertrauen, dass ein Dienstleister wie die Deutsche Post AG eine vollständig, schlüssig, aber fehlerhaft postalisch adressierten Brief einer öffentlichen Einrichtung wie dem VG - gegebenenfalls nach vorausgehender Sonderbehandlung - unmittelbar zustellen wird. Eine hierdurch bedingte Verzögerung im Postlauf kann Postdienstleistern in der Regel nicht zugerechnet werden.
Kann die Briefsendung auf Grund fehlender Absenderangaben wegen der dann erforderlichen Absenderermittlung dem Rechtsanwalt nicht zeitnah zurückgesendet werden, gehen dadurch bedingte Zeitverzögerung (hier 15 Tage) auch bei frühzeitiger Einlieferung der Briefsendung zu seinen Lasten (VGH München, Beschluss vom 23.6.2014, 14 ZB 12.2323).
Pflicht des Rechtsanwalts zur eigenverantwortlichen Fristberechnung
LG Frankfurt: Regelung der Auswahl des Mediators in den AGB durch Rechtschutzversicherung ist unwirksam
Die vertrauliche Geburt
Seit dem 1. Mai 2014 ist das Gesetz zum Ausbau der Hilfen für Schwangere und zur Regelung der vertraulichen Geburt in Kraft getreten. Seitdem steht ein kostenloses 24-Stunden erreichbares Hilfetelefon „Schwangere in Not - anonym & sicher“, Telefon: 0800 - 40 40 020 zur Verfügung. Informationen und anonyme Beratung findet man unter www.geburt-vertraulich.de. Persönliche und auf Wunsch anonyme Beratung und Unterstützung durch qualifizierte Beraterinnen gibt es in mehr als 1.600 Schwangerschaftsberatungsstellen vor Ort. Weitere Informationen finden Sie unter:
LG München I: Wirksamkeit von Rentenansprüchen aus Sozietätsverträgen
Mit Urteil vom 04.03.2013 (15 O 8167/12 - NJW 2014, S. 434 ff.) hat das Landgericht München I entschieden, dass eine Klausel in einem Sozietätsvertrag, wonach jüngere Sozien, die durch Kündigung aus der Sozietät ausgeschieden sind, unbeschränkt und ohne Ausgleich persönlich für die Rentenansprüche älterer Sozien haften, nach § 723 Abs. 3 BGB zwingend unwirksam ist.
Allgemein seien Klauseln im Sozietätsvertrag einer Rechtsanwaltsgesellschaft bürgerlichen Rechts, die Rentenansprüche von altersbedingt ausscheidenden Sozien vorsehen, hingegen in der Regel wirksam. Schuldner dieser Rentenansprüche seien die Sozietät sowie, je nach Vereinbarung, die der Sozietät verbleibenden Sozien persönlich. Es begegne grundsätzlich keinen Bedenken, dass sich ein Altsozius bezüglich etwaiger Ansprüche nach dem Eintritt in den Ruhestand in Form einer Art nachgelagerter Gewinnteilnahme absichere. Das gelte jedenfalls soweit sich der Anspruch gegen die Sozietät richte.
BayVGH: Zweitwohnsteuer für Wohnkanzlei rechtmäßig
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 18.02.2014 (4 ZB 13.2515) die Auffassung vertreten, dass Arbeits-, Geschäfts- und Büroräume gleichzeitig Wohnungen im melderechtlichen Sinne sein können, wenn sie außerhalb der Arbeitszeit tatsächlich zum Wohnen oder Schlafen benutzt werden.
Bei der vom Kläger und seiner Ehefrau auch für Wohnzwecke genutzten Wohnung handele es sich damit auch um eine Zweitwohnung im Sinne der geltenden Zweitwohnungsteuer. Zweitwohnung im Sinne der Satzung sei jede Wohnung, die melderechtlich als Nebenwohnung erfasst sei (§ 2 Abs. 2 Satz 1 ZwStS). Der Kläger könne sich nicht darauf berufen, dass aus mietvertragsrechtlicher Sicht in den Fällen einer gemischten Nutzung, bei der die Räume teilweise zu geschäftlichen und teilweise zu Wohnzwecken genutzt werden, die überwiegende Nutzungsart für das anzuwendende Rechtsregime als maßgeblich anzusehen sei. Diese zivilrechtlichen Grundsätze hätten im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Legaldefinition des § 2 ZwStS keine Bedeutung, da es hiernach allein auf die melderechtliche Begriffsbestimmung ankomme.
Den Beschluss finden Sie in der Entscheidungsdatenbank Bayern-Recht der Bayerischen Staatsregierung: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss v. 18.02.2014 - 4 ZB 13.2515
BGH: Kein Formularzwang in der Zwangsvollstreckung
Mit Beschluss vom 13.02.2014 (VII ZB 39/13) hat der BGH entschieden, dass bei Anträgen auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses der Gläubiger vom Formularzwang entbunden ist, soweit das Formular unvollständig, unzutreffend, fehlerhaft oder missverständlich ist. Es sei auch nicht zu beanstanden, wenn in dem Formular Streichungen und Berichtigungen vorgenommen werden sowie auf Anlagen verwiesen wird. Auch die Verwendung eines geringfügig im Layout abweichenden Formulars sei zulässig. Das Urteil finden Sie in der Entscheidungsdatenbank des BGH.
BGH: Pflicht zur Löschung der vor Mandatsannahme abgehörten Telefonate zwischen Verteidiger und Beschuldigten
Mit Beschluss vom 18.02.2014 (StB 8/13) hat der BGH entschieden, dass ein zwischen Verteidiger und Beschuldigten abgehörtes Telefonat auch dann gelöscht werden müsse, wenn es lediglich der Anbahnung eines Mandatsverhältnisses gedient habe. Des Weiteren bestehe ein Zeugnisverweigerungsrecht des Rechtsanwalts über den Inhalt des Telefonats.
In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall wurde der Telefonanschluss des Beschuldigten durch das Bundeskriminalamt abgehört, als ein Rechtsanwalt den Anschluss des Beschuldigten anrief und zwei Telefonate führte. In dem zweiten Gespräch bot der Rechtsanwalt dem Beschuldigten die Verteidigung in dem Ermittlungsverfahren an. Gegen den Beschuldigten wurde wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland ermittelt.
Der BGH vertrat die Auffassung, dass von dem Zeugnisverweigerungsrecht alles erfasst sei, was dem Rechtsanwalt in der erkennbaren Erwartung des Stillschweigens in funktionalem Zusammenhang mit seiner Berufsausübung zur Kenntnis gelange. Ein Beschuldigter, der auf der Suche nach einem Verteidiger sei, bringe jedem Rechtsanwalt, mit dem er zu diesem Zweck kommuniziere, typischerweise das Vertrauen entgegen, dass der Inhalt dieser Gespräche vertraulich behandelt werde, unabhängig davon, ob anschließend ein Verteidigungsverhältnis zustande komme. Der Gesetzgeber habe dem Vertrauensverhältnis zum Rechtsanwalt uneingeschränkten Vorrang vor der Pflicht zur Wahrheitsforschung eingeräumt. Es könne nicht darauf ankommen, ob die einzelnen Äußerungen aus objektiver Sicht vertrauens- und damit schutzwürdig erscheinen. Allerdings finde der Schutz bei solchen Informationen eine Grenze, die gerade mit dem Ziel erteilt werden, sie an Dritte weiterzugeben.
Der Beschluss kann über die Entscheidungsdatenbank des BGH abgerufen werden.
BGH zum Zeugnisverweigerungsrecht vor Mandatsanbahnung
Das berufsbezogene Vertrauensverhältnis, das zu schützen § 53 StPO beabsichtigt, beginnt nicht erst mit dem Abschluss des zivilrechtlichen Geschäftsbesorgungsvertrages, sondern umfasst auch das entsprechende Anbahnungsverhältnis. Entsprechende automatisch aufgezeichnete Telefongespräche zwischen Strafverteidiger und potentiellem Mandanten sind daher unverzüglich zu löschen. (BGH, Beschl. v. 18.02.2014 - StB 8/13).
Die Aufzeichnungen stammten aus einer vom Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs angeordneten Überwachung des Telefonanschlusses eines Beschuldigten, gegen den der Generalbundesanwalt ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland führt. Auf diesem Anschluss hatte der Rechtsanwalt angerufen, um dem Beschuldigten seine Dienste als Verteidiger anzubieten.
Der BGH führt zur Begründung seiner Entscheidung unter anderem aus, dass ein Beschuldigter, der auf der Suche nach einem Verteidiger sei, jedem Rechtsanwalt mit dem er zu diesem Zweck kommuniziert, typischerweise das Vertrauen entgegenbringt, dass der Inhalt dieser Gespräche vertraulich behandelt wird, unabhängig davon, ob anschließend ein Verteidigerverhältnis zustande kommt.
Rechtsbehelfsbelehrung im Zivilprozess
Zum 01.01.2014 trat § 232 ZPO in Kraft. Durch diese Vorschrift wird eine allgemeine Rechtsbehelfsbelehrung im Zivilprozess eingeführt. Diese Pflicht zur Belehrung gilt im Grundsatz nur in Parteiprozessen. Als Ausnahme von diesem Grundsatz ist auch in Anwaltsprozessen über die Möglichkeit zum Einspruch gegen ein Versäumnisurteil und zum Widerspruch gegen Beschlüsse im einstweiligen Rechtsschutz zu belehren, da diese Entscheidungen auch gegenüber der nicht anwaltlich vertretenen Partei ergehen können. Ebenso sind Entscheidungen in Anwaltsprozessen, die mit Wirkung für Zeugen oder Sachverständige ergehen, mit Belehrungen zu versehen, da diese Beteiligten in der Regel ohne anwaltlichen Beistand erscheinen.
BGH: Zeitpunkt der Verjährungshemmung bei schwebenden Verhandlungen
Bei schwebenden Verhandlungen wirkt die Hemmung grundsätzlich auf den Zeitpunkt zurück, in dem der Gläubiger seinen Anspruch gegenüber dem Schuldner geltend gemacht hat. (Anschluss an BGH, Urteil vom 11.11.1958 - VI ZR 231/57; v. 13.02.1962 - VI ZR 195/61) Leitsatzentscheidung des BGH, Beschluss vom 19.12.2013 - IX ZR 120/11.
BGH: Richtigkeitskontrolle der Faxempfangsnummer als anwaltliche Organisationspflicht
Missbrauch des Anwaltstitels durch ehemaligen Rechtsanwalt
Verstößt ein ehemaliger Rechtsanwalt wiederholt gegen die Vorschrift des § 132a StGB, durch gerichtliche Schriftsätze, Erteilung von Gebührenrechnungen etc., kann die Strafe von zwei Jahren dennoch zur Bewährung ausgesetzt werden, wenn der Verurteilte mittlerweile Rentner ist (AG Berg. Gladbach, Urt. v. 12.11.2013, 43 Js 11/13).
Ablehnung eines AGH-Richters wegen Befangenheit
Der Berichterstatter in einem Verfahren vor dem AGH ist nicht befangen, wenn er nach der Beratung des Senats über den Inhalt des Verfahrens und die weitere Vorgehensweise, zunächst versucht mit dem Rechtsanwalt des Antragstellers zu telefonieren, um das weitere Vorgehens zu erörtern, diesen aber nicht erreicht und dann den Geschäftsführer der Antragsgegnerin erreicht und ihn informiert und erst abschließend den Rechtsanwalt. Dies insbesondere, wenn er den Rechtsanwalt über das Telefonat mit dem Geschäftsführer informiert (AGH NRW, Beschl. v. 08.11.2013 - 2 AGH 7/13).
Anforderungen an eine Wiedereinsetzung in die Berufungsbegründungsfrist wegen plötzlicher Erkrankung des Prozessbevollmächtigten
In seinem Beschluss vom 26.09.2013 (V ZB 94/13) hat der BGH entschieden, dass ein Rechtsanwalt alles ihm Zumutbare zur Fristwahrung unternehmen muss, wenn er unvorhergesehen erkrankt.
Die unvorhergesehene Erkrankung könne den Rechtsanwalt zwar außerstande setzen, noch fristwahrende Maßnahmen zu ergreifen. So sei es in dem durch den BGH entschiedenen Fall jedoch nach der anwaltlichen Versicherung des Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht gewesen. Aus dieser ergebe sich nicht, dass der Anwalt auf Grund der Erkrankung nicht in der Lage gewesen wäre, einen Vertreter zu benachrichtigen und diesen zu bitten, in der Sache um Verlängerung der Frist zu bitten. Da es sich um eine erste Fristverlängerung gehandelt hätte, wäre kein großer Begründungsaufwand entstanden. Der anwaltlichen Versicherung des Rechtsanwalts sei auch nicht zu entnehmen, dass er Absprachen mit einer Vertretung getroffen habe. Dieses schuldhafte Versäumnis wirke sich in dem jetzt eingetretenen Verhinderungsfall aus. Den Beschluss finden Sie hier: BGH, Beschluss vom 26.09.2013 – V ZB 94/13.
Abratepflicht des Anwalts trotz Deckungszusage
Hat die Rechtsschutzversicherung eine Deckungszusage für einen Prozess erteilt, ohne dass die Deckungszusage etwa durch falsche Angaben erlangt worden ist, greift der Anscheinsbeweis zu Gunsten des den Rechtsanwalt in Regress nehmenden Mandanten, bei vollständiger Risikobelehrung den Prozess nicht geführt zu haben, nicht ein. Denn auch für einen vernünftig handelnden Mandanten würde bei Vorliegen einer Deckungszusage der Rechtsschutzverischerung das Wagnis einer nur geringen oder wenig erfolgversprechenden Prozessführung als eine solche Chance erschienen, dass er sie ergreift. Dies gilt gerade dann, wenn im Zeitpunkt der Klageerhebung eine maßgebliche höchstrichterliche Entscheidung noch nicht ausgegangen war (hier: Schönheitsreparaturklausel "ausführen zu lassen") und auch der Rechtsanwalt des Mieters eine im Streitkomplex einschlägige mieterschützende Regelung (zur Kündigungsfrist) übersieht. (KG, Urteil vom 23.09.2013 - 8 U 173/12).