Anwaltsgerichtsbarkeit

I. Das Anwaltsgericht

Das Anwaltsgericht ist für den Bezirk jeder Rechtsanwaltskammer zu errichten. Es hat seinen Sitz am selben Ort wie die jeweilige Kammer (§ 92 Abs. 1 BRAO).

Zu Mitgliedern des Anwaltsgerichts können nur Rechtsanwälte ernannt werden. Sie müssen der Rechtsanwaltskammer angehören, für deren Bezirk das Anwaltsgericht gebildet ist (§ 94 Abs. 1 BRAO). Die Mitglieder des Anwaltsgerichts sind ehrenamtliche Richter (§ 95 Abs. 1 S. 1 BRAO).

Für das anwaltsgerichtliche Verfahren gelten die §§ 116 ff. BRAO. Ergänzend sind das Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) und die Strafprozessordnung (StPO) sinngemäß anzuwenden (§ 116 BRAO).

Anwaltsgerichtliche Maßnahmen sind gem. § 114 Abs. 1 BRAO

  • die Warnung, die letztlich folgenlos bleibt
  • der Verweis, der bereits eine erhebliche Disziplinarstrafe darstellt
    (Der mit einem Verweis belegte Anwalt kann fünf Jahre lang nicht zum Mitglied des Kammervorstands gewählt und nicht zum Mitglied des Anwaltsgerichts, des Anwaltsgerichtshofs und zum Beisitzer des Senats für Anwaltssachen beim BGH berufen werden.)
  • die Geldbuße bis zu 25.000 Euro
  • das Verbot, auf bestimmten Rechtsgebieten als Vertreter und Beistand für die Dauer von einem Jahr bis zu fünf Jahren tätig zu werden
  • die Ausschließung aus der Anwaltschaft
    (Der Ausschluss ist durch die Möglichkeit einer Wiederzulassung zeitlich begrenzbar und deshalb verfassungsrechtlich unbedenklich.)

 

II. Der Anwaltsgerichtshof

Der AGH für Rechtsanwälte wird beim Oberlandesgericht errichtet (§ 100 Abs. 1 S. 1 BRAO).

In Mecklenburg-Vorpommern hat der Anwaltsgerichtshof hat seinen Sitz in Rostock.

Der AGH wird mit einem Präsidenten, der erforderlichen Anzahl von weiteren Vorsitzenden sowie mit Rechtsanwälten und Berufsrichtern als weiteren Mitgliedern besetzt, wobei der Präsident und die weiteren Vorsitzenden die Befähigung zum Richteramt haben müssen (§ 101 Abs. 1 BRAO).

Der Anwaltsgerichtshof für Rechtsanwälte ist - im Gegensatz zum Anwaltsgericht - ein staatliches Gericht. Da er - wie das Anwaltsgericht - für ein bestimmtes Sachgebiet, nämlich das anwaltliche Berufsrecht, abstrakt und generell zur Entscheidung berufen ist, ist es Gericht für besondere Sachgebiete i.S. des Art. 101 Abs. 2 GG.

Der Anwaltsgerichtshof entspricht im anwaltsgerichtlichen Verfahren dem Oberlandesgericht in strafgerichtlichen Verfahren. Er kann nur im Rahmen der ihm kraft Gesetzes übertragenen Aufgaben tätig werden. Das Verfahren nach § 74a BRAO fällt nicht darunter.

Der Anwaltsgerichtshof entscheidet im ersten Rechtszug über alle öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nach der BRAO, soweit nicht die Streitigkeiten anwaltsgerichtlicher Art oder einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind (§ 112a Abs. 1 BRAO). Darüber hinaus ist der Anwaltsgerichtshof in anwaltsgerichtlichen Verfahren Berufungs- und Beschwerdeinstanz.

 

III. Der Anwaltssenat des BGH

Die höchste Instanz bildet der Bundesgerichtshof in Anwaltssachen.

Gem. § 106 Abs. 1 S. 1 BRAO wird für Angelegenheiten, die in der BRAO dem BGH zugewiesen sind, beim BGH ein Senat für Anwaltssachen gebildet.

Dieser Senat besteht aus dem Präsidenten des BGH sowie drei Mitgliedern des BGH und drei Rechtsanwälten als Beisitzern (§ 106 Abs. 2 S. 1 BRAO).

Der Anwaltssenat ist Teil des Bundesgerichtshofs; er ist in diesen als sog. Fachsenat mit besonderer Besetzung eingegliedert und damit ein Spruchkörper des BGH.