* verabschiedet von den Präsidenten aller 28 Rechtsanwalts- kammern am 28.02.2008, veröffentlicht in den Mitteilungen der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK-Mitt.), Heft 3/2008, S. 91f.
Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sind die freien und unabhängigen Berater und Vertreter in allen Rechts- angelegenheiten. Sie sind zugleich unabhängige Organe der Rechtspflege. Individuelle Freiheit und Unabhängigkeit sind nur gewährleistet, wenn sich die Anwaltschaft selbst verwaltet.
I. Grundlagen der anwaltlichen Selbstverwaltung
Als unabhängige Organe der Rechtspflege vertreten Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte die Interessen ihrer Mandanten. Sie tragen zur Verwirklichung des Rechtsstaats bei. Mandant und Gesellschaft müssen auf ihre Integrität und Fachkunde vertrauen können.
II. Struktur der anwaltlichen Selbstverwaltung
Die anwaltliche Selbstverwaltung ist Ausdruck europäischer Rechtskultur und Vorbild für viele neue Demokratien.
Anwaltliche Selbstverwaltung bedeutet:
Unabhängigkeit
Anwaltliche Selbstverwaltung sichert die Unabhängigkeit und Staatsferne des Rechtsanwaltsberufs. Unabhängigkeit schließt Staatsverwaltung aus.
Gewaltenteilung
Anwaltliche Selbstverwaltung muss dem verfassungsrechtlichen Gebot der Gewaltenteilung entsprechen und der Verselbständigung von Gruppeninteressen und daraus resultierenden Interessenkonflikten entgegenwirken. Sie gliedern sich in:
die Satzungsversammlung und die Kammerversammlung (Legislative), die Vorstände der Rechtsanwaltskammern (Exekutive) und die Anwaltsgerichtsbarkeit (Judikative),
Pflichtmitgliedschaft
Anwaltliche Selbstverwaltung ist unteilbar. Die Pflichtmitgliedschaft sichert die Freiheit der Anwaltschaft, weil sie Staatsverwaltung vermeidet und auf die Mitwirkung aller Berufsangehörigen setzt. Sie gewährleistet die notwendige Bindung aller Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte an die Berufsregeln. Zur Pflichtmitgliedschaft gehört die demokratische Legitimation der Selbstverwaltungsorgane.
Anwaltliche Selbstverwaltung gibt allen Berufsangehörigen Informations- und Mitwirkungsrechte. Sie muss auch für Staat und Gesellschaft transparent sein.
Anwaltliche Selbstverwaltung lebt vom ehrenamtlichen Engagement. Es gewährleistet eine unabhängige, uneigennützige und kostengünstige Aufgabenwahrnehmung.
Anwaltliche Selbstverwaltung bedeutet sachnahe Aufgabenwahrnehmung. Auch bei wachsenden Anforderungen muss ihre Leistungsfähigkeit erhalten bleiben.
Keine
III. Aufgaben der anwaltlichen Selbstverwaltung
Die Freiheitsrechte des Rechtsanwalts und seine Verpflichtung auf das Gemeinwohl müssen im Rahmen des geltenden Rechts miteinander in Einklang gebracht werden. Dies liegt in der Verantwortung der Rechtsanwaltskammern. Ihre hieran orientierten Aufgaben sind - dem ständigen Wandel in Staat und Gesellschaft folgend - immer wieder neu zu bestimmen. Dazu gehören:
Die Zulassung sowie ihre Rücknahme und ihr Widerruf durch die Rechtsanwaltskammern stärken die Stellung des Rechtsanwalts als unabhängiges Organ der Rechtspflege.
Die Berufsaufsicht fördert die Integrität und Qualität des einzelnen Rechtsanwalts. Sie dient damit zugleich den Interessen der gesamten Anwaltschaft und der Rechtsuchenden sowie einer funktionstüchtigen Rechtspflege. Für Beschwerdeführer muss die Berufsaufsicht transparenter werden.
Vermittlung und Schlichtung
Die Rechtsanwaltskammern vermitteln bei Meinungsverschiedenheiten unter Rechtsanwälten sowie zwischen Rechtsanwälten und Mandanten. Dies befriedet die Streitparteien und entlastet die Rechtspflege. Bei der Bundesrechtsanwaltskammer ist eine Ombudsstelle einzurichten.
Die Qualitätssicherung fördert das Vertrauen der rechtsuchenden Bürger in die Tätigkeit des Rechtsanwalts; sie stärkt die Rechtspflege und dient damit dem Gemeinwohl.
Qualitätssicherung heißt für die Rechtsanwaltskammern:
Anwaltliche Fortbildung ist eine zentrale Berufspflicht. Es ist deswegen Aufgabe der Kammern, ihre Erfüllung zu gewährleisten. Dazu gehört, die am Markt angebotene Fortbildung den Bedürfnissen entsprechend durch eigene Angebote zu ergänzen und Fortbildungsanreize zu schaffen.
Selbstverwaltung ist immer auch den Interessen der Berufsangehörigen verpflichtet. Deshalb haben die Rechtsanwaltskammern als Dienstleister die beruflichen und die damit verbundenen wirtschaftlichen Belange ihrer Mitglieder zu wahren, zu fördern und zu vertreten. Dabei sind Interessenkonflikte zu vermeiden.
Die Bundesrechtsanwaltskammer regt die Meinungsbildung in den regionalen Rechtsanwaltskammern zu allen die Anwaltschaft in ihrer Gesamtheit betreffenden Fragen an und koordiniert sie. Sie fasst die Ergebnisse zusammen und bringt sie gegenüber dem Gesetzgeber, den Gerichten und der Öffentlichkeit zur Geltung. Auf diese Weise stärken die Rechtsanwaltskammern die Stellung der Anwaltschaft in der Gesellschaft und wirken an der Fortbildung des Rechts mit.
Das Zusammenwachsen Europas und die vielfältigen internationalen Verflechtungen erfordern eine Harmonisierung und gegenseitige Anerkennung auch im Bereich der anwaltlichen Selbstverwaltung. Deshalb arbeiten die Rechtsanwaltskammern mit anwaltlichen Berufsorganisationen auf europäischer und internationaler Ebene zusammen.
Bundesjustizminister Maas bekennt sich zum System der Selbstverwaltung der Anwaltschaft
Beim Parlamentarischen Abend der Bundesrechtsanwaltskammer am 16.01.2014 hat sich der neue Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz Heiko Maas klar zum System der Selbstverwaltung bekannt. "Als früherer Wirtschaftsminister weiß ich um die Bedeutung und den Wert der Kammern" so Maas in seiner Rede. "Sie entlasten den Staat, sie stärken die Berufsgruppen und sie sorgen für eine möglichst schlanke Bürokratie. Die Bundesrechtsanwaltskammer kann sich darauf verlassen, dass ich mich im Bund, aber vor allem in Europa für unsere besondere Form der berufsständischen Selbstverwaltung immer stark machen werde".
Das sich ein solches Bekenntnis bereits im Koalitionsvertrag findet, begrüßte der Präsident der BRAK Axel C. Filges ausdrücklich. Die Anwaltschaft sei eine Berufsgruppe, die eine besondere Bedeutung und Funktion für und in dieser Gesellschaft habe, sagte Filges in seiner Begrüßung gestern.
"Das heißt für uns, so wenig staatliche Aufsicht wie nötig und so viel Selbstverwaltung wie möglich. Es geht um die Wahrung unserer beruflichen Unabhängigkeit zum Schutz unserer Mandanten. Wenn wir uns also zur anwaltlichen Selbstverwaltung bekennen, dann reden wir im Ergebnis über die Durchsetzung von Verbraucherschutz", so der BRAK-Präsident.
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